Die deutsche Insel des islamischen Gottesstaats

02.09.2025

Dieser Beitrag wurde bereits im Februar 1999 veröffentlicht, also lange Zeit vor Merkels Schleusenöffnung. Die Warnung wirkt auf mich heute wie eine Prophezeiung. Vor einem Vierteljahrhundert schrieb der Autor, Wolfgang Ockenfelds, in der Zeitschrift für Religion, Kultur, Gesellschaft DIE NEUE ORDNUNG unter dem Titel "Inseln des islamischen Gottesstaats":


Früher standen sie vor den Toren Wiens, heute sind die Muslime mitten unter uns und schrecken liberale Modernisten wie restaurative Abendländler. Antimuselmanie greift um sich, besonders in jenen Stadtteilen, wo christliche deutsche Ureinwohner zur Minderheit werden und der Muezzin - mit einem Mikrofon bewaffnet - in Konkurrenz zu den Kirchenglocken zum Gebet ruft. Manche evangelische Kirche füllt sich erst dann, wenn Muslime dort ihren Gottesdienst feiern. Und türkische Ghettos wirken zuweilen wie Inseln des islamischen Gottesstaats. 

Der weltweit vorpreschende Islam zeigt einige Gesichtszüge, die ”im Westen” auf viele abschreckend, auf einige jedoch exotisch anziehend wirken. In den meisten islamischen Ländern gelten rabiate Blasphemie-Gesetze, christliche Praxis in der Öffentlichkeit und besonders die Mission sind streng verboten. Todesurteile bedrohen nicht nur Glaubensabtrünnige. Die im Koran vorgesehene Institution der Polygamie mindert die Würde der Frau, die im öffentlichen Leben keine Rolle spielt, worüber sich schon Averroes im Mittelalter beschwerte. Vor allem läßt die Koran-Sure 47,4 über den ”Heiligen Krieg”, aber auch der Kampf des Propheten Mohammed gegen die Mekkaner den Islam als eine aggressiv-unduldsame Religion erscheinen, die sich mit politischen Machtansprüchen vermischt. 

Was der Islam eigentlich ist, läßt sich aber - wenn überhaupt - nicht allein aus dem Koran, auch nicht aus der religiös-politischen Praxis einzelner Muslime, islamischer Gruppen oder Staaten ablesen. Es gibt immer solche und solche, sagt der von Natur aus katholische Rheinländer, wenn er zwischen guten und und weniger angenehmen Zeitgenossen zu unterscheiden hat, und es grenzt für ihn fast an Fanatismus, wenn er regelmäßig zur Kirche geht.

Und gibt es nicht auch in den Heiligen Schriften des Alten und Neuen Testaments Stellen, die man besser überschlägt oder durch moderne Hermeneutik entschärfend interpretiert, so daß sie keinen Anstoß mehr erregen? Ganz zu schweigen von der peinlich mißratenen Praxis mancher ”christlicher” Staaten in der Geschichte des Abendlandes, das lange genug brauchte, um zur Erkenntnis der Unterscheidung von Kirche und Staat, von Religion und Politik, von Recht und Moral zu kommen? 

Der traditionellen muslimischen Rechtgläubigkeit scheinen solche schmerzhaften Unterscheidungen und Trennungen noch bevorzustehen, wenn sie nicht die Annahme moderner liberaler Freiheitsrechte schon als Verrat und Selbstzerstörung empfinden muß. Überdies weist die europäische ”Freiheitsgeschichte” auch Schattenseiten auf, die ihrer Attraktivität im Wege stehen. In der Kritik an der ”dekadenten” Moderne des Westens begegnen sich schließlich nicht nur Muslime und Konfuzianer, sondern diese zuweilen auch mit Christen, ohne daß sie in die Schublade des Fundamentalismus gehören, der vorschnell als Kriegsursache für einen künftigen ”clash of civilisations” (S. Huntington) herhalten muß. 

Nicht reine Toleranz und altruistische Großzügigkeit sind am Werk, wenn nun den eingewanderten Muslimen die deutsche oder gar doppelte Staatsbürgerschaft, staatlicher Religionsunterricht, eigene theologische Staatsfakultäten und der Status öffentlich-rechtlicher Körperschaft mit staatlichem ”Kirchen”-Steuereinzug zugebilligt werden sollen.

Die Gleichstellung muslimischer Religionsgemeinschaften mit den christlichen Kirchen kann sich auf das Grundgesetz berufen, auf die allgemeine Religionsfreiheit und das kirchliche Selbstbestimmungsrecht. Indem sie sich für die Rechte der Muslime einsetzen, hoffen die christlichen Kirchen wohl auch, ihre eigene staatskirchenrechtliche Position zu festigen und die Diskussion um kirchliche ”Privilegien” dadurch zu entschärfen, daß sie diese auf eine breitere religiös-gesellschaftliche Grundlage stellen. 

Zudem versprechen sich einige politische Parteien Zulauf von den neuen Staatsbürgern, wenn diese nicht auf die Idee kommen, eigene Parteien zu gründen. Wenn sich in den nächsten Jahrzehnten der Bevölkerungsanteil der Jüngeren halbiert, der der Älteren verdoppelt haben wird, werden die aussterbenden deutschen Eingeborenen froh sein, daß ihre beschwerlichen Arbeiten, Rentenzahlungen und Pflegedienste von jungen Einwanderern übernommen werden. Andererseits drohen jetzt bereits Konflikte zwischen und mit Ausländergruppen, so daß der Ruf immer lauter wird, die Kommenden zurückzuweisen und die Bleibenden zu integrieren. 

Was aber heißt Integration? Es geht wohl nicht bloß um organisatorische Fragen, wenn den unterschiedlichen muslimischen Gruppen eine Integration in Religionsgemeinschaften zugemutet wird, die sich - analog zu den hierarchisch überschaubaren und kontrollierbaren Kirchen - wiederum in den säkularen Rechtsstaat integrieren lassen. Dieser doppelte Integrationsdruck stellt für viele Muslime, die ihre religiös-kulturelle Identität zu verlieren fürchten, eine Zumutung dar. Religiös würden sie sich vielleicht lieber von charismatischen Geistlichen betreuen und ihre Kinder von frommen Koranlehrern unterrichten lassen als von Religionsdienern und -lehrern, denen das staatlich abgeprüfte, liberal aufgeklärte Theologiestudium jeden Rest von ”Islamismus” und ”Fundamentalismus” ausgetrieben hat. 

Nicht viel einfacher erweist sich die rechtlich erzwingbare Integration nach dem deutschen Grundgesetz und den staatlichen Gesetzen, die gerade durch ihre Loslösung von religiösen und moralischen Werten für gläubige Muslime ein gewaltiges Problem darstellen. Andererseits kommt der weltanschaulich neutrale Staat, der für die islamische Weltanschauung ein Unding ist, nicht daran vorbei, diese nach rechtlichen Gesichtspunken zu beurteilen. 

Wie ”neutral” er dabei bleiben kann und wer von wem integriert wird, ist noch nicht entschieden. Die christlichen Kirchen des Westens haben kaum noch die Kraft, religiöse Kultur und Moral zu stiften. Das gälte ebenso für einen integrierten Islam. Die international reziproke Geltung der Religionsfreiheit läßt aber noch lange auf sich warten.