Morde, Enteignung und die Haltung der ARD

In seinem Beitrag für die ARD-Tagesschau vom 8. Februar 2025, behauptet Stephan Ueberbach vom Büro in Johannesburg, die Darstellungen von US-Präsident Trump, in Südafrika würden weiße Farmer willkürlich enteignet und müssten deshalb aus dem Land fliehen, widerspreche den Fakten. Im Beitrag erinnert der ARD-Experte und Faktenkenner vor Ort nicht daran, dass der gebürtige Südafrikaner und Trump-Berater Elon Musk bereits am 31. Juli 2023 gepostet hatte: "Sie drängen offen auf einen Völkermord an weißen Menschen in Südafrika". An den Präsidenten Südafrikas gerichtet, hatte Musk geschrieben: "@CyrilRamaphosa, warum sagen Sie nichts?"
"Tötet den Buren, tötet den Farmer!"
Am 29. Juli 2023, feierte Südafrikas drittgrößte Oppositionspartei, die linksgerichtete Economic Freedom Fighters (EFF), ihr 10-jähriges Bestehen im FNB-Stadion in Johannesburg. Der wohl bemerkenswerteste Aspekt der Feier war, dass Parteipräsident Julius Malema die 95.000 Menschen starke Menge dazu anführte, ein Kampflied aus der Zeit der Apartheid mit dem Titel "Dubul' ibhunu" (Tötet den Buren, tötet den Farmer) zu singen.
Bei der Jubiläums-Gala warnte Malema seine Parteikollegen davor, sich gegen ihn zu organisieren: "Das Problem beginnt, wenn ihr euch gegen mich organisiert und ich es in den Ecken höre. Ich bin sehr unbarmherzig gegenüber solchen Leuten, die sich gegen mich organisieren, also versucht das nie bei mir."
Auf das Video des südafrikanischen Parteiführers Julius Malema reagiert Elon Musk zwei Tage später, als er twitterte, die Organisatoren würden "offen auf einen Völkermord an weißen Menschen in Südafrika drängen", und Präsident Cyril Ramaphosa, der einer anderen Partei als Malema angehört, fragte: "Warum sagen Sie nichts?" Ramaphosa schwieg, Malema indes verteidigte das Lied in einer Pressekonferenz und griff Musk an, indem er sagte, "he looks like an illiterate" and the "only thing that protects him is his white skin." ("er sieht aus wie ein Analphabet" und das "einzige, was ihn schützt, ist seine weiße Haut".)
Am 4. August 2023 forderte Musk die Anti-Defamation League ADL öffentlich dazu auf, Malema zu verurteilen: "Warum sagen Sie nichts, @ADL?" Vier Tage später schrieb er: "Sie meinen damit absolut wörtlich Völkermord. Warum schweigen Organisationen wie @ADL?"
Es war nicht das erste Mal, dass Malema oder EFF-Mitglieder "Tötet den Buren, tötet den Farmer" skandierten. Während seiner Amtszeit als Präsident der ANC Youth League sang Malema das Lied wiederholt bei mehreren Versammlungen der Youth League. Nachdem AfriForum vor dem Equality Court ein Verfahren gegen Malema eröffnet hatte, verkündete Richter Colin Lamont 2011 sein Urteil und befand Malema der Hassrede für schuldig.
Später, im Oktober 2020, sangen EFF-Anhänger dasselbe Lied vor dem Amtsgericht in Senekal im Free State, inmitten rassistischer Spannungen, die nach der Ermordung des Farmmanagers Brendin Horner zwischen der EFF und örtlichen Farmern entstanden waren. AfriForum leitete erneut ein Verfahren vor dem Gleichstellungsgericht gegen die EFF und Malema ein. Im August 2022 aber entschied Richter Edwin Molahlehi, dass "Kill the boer, kill the farmer" keine Hassrede ist.
In dem Jahr hielt Malema eine Ansprache an die Teilnehmer der Volksversammlung der Provinz Westkap der EFF und machte deutlich: "You must never be scared to kill. A revolution demands that at some point there must be killing because the killing is part of a revolutionary act… Anything that stands in the way of the revolution, it must be eliminated in the best interest of the revolution, and we must never be scared to do that."
"Ihr dürft niemals Angst davor haben, zu töten. Eine Revolution erfordert, dass irgendwann getötet werden muss, weil das Töten Teil eines revolutionären Aktes ist ... Alles, was der Revolution im Wege steht, muss im besten Interesse der Revolution beseitigt werden, und wir dürfen niemals Angst davor haben, das zu tun."
"Mob Nation" - Worte haben Macht
Unabhängig von den Entscheidungen derjenigen, die das südafrikanische Justizsystem leiten, gibt es viele Gründe, warum jeder Südafrikaner, einschließlich der Mitglieder der EFF, über "Kill the boer, kill the farmer" - ein Slogan der seine Wurzeln in der marxistisch-leninistischen Ideologie hat - und die aktuelle Situation besorgt sein sollten. Auch der vielleicht etwas unerfahrene ARD-Berichterstatter aus Johannesburg.
Die südafrikanische Geschichte und Gegenwart sind maßgeblich durch innergesellschaftliche Gewalt geprägt. Erinnert sei an die gewaltsamen Ausschreitungen gegen Flüchtlinge und Migranten in Südafrika im Mai 2008, zwei Jahre vor der Fußball-WM. Die Opfer wurden beschimpft, ausgeraubt, vergewaltigt, totgeprügelt oder mit Benzin übergossen und verbrannt. 23 Mosambikaner fielen der xenophoben Gewalt zum Opfer, der bekannteste von ihnen Ernesto Alphabeto Nhamwavane, 35 Jahre, verheiratet, drei Kinder. Das Foto des "flaming man", des brennenden Mannes, ging um die Welt. "Mob Nation" titelten am 23. Mai 2008 Mail und Guardian. 56 Menschen sind bei der Hatz gestorben. Zehntausend Ausländer mussten fliehen. Der damalige Präsident Thabo Mbeki hatte danach keinen der Brennpunkte der Gewalt besucht.
Der Trendanalysebericht der südafrikanischen Menschenrechtskommission für 2020/21 deutet darauf hin, dass "der Rassismus in Südafrika weiterhin gedeiht". So sagte Dr. Gregory Houston, leitender Forschungsspezialist beim Human Sciences Research Council, bei einem Dialog über "Rasse und Rassismus im Südafrika der Post-Apartheid", dass die Südafrikaner immer rassistischer werden.
Untersuchungen der Stellenbosch University, die von der Doktorandin Kandas Cloete durchgeführt wurden, zeigen, dass 20 % der in ihrer Studie befragten Landwirte planen, in den nächsten zehn Jahren aus der Landwirtschaft auszusteigen. Laut Cloete ist die Entscheidung, die Landwirtschaft aufzugeben, auf eine Kombination von Faktoren zurückzuführen. Dazu gehören der "Zugang zu zuverlässigen Arbeitskräften, die Unsicherheit über die Landreform und die Sorge um die Sicherheit auf dem Land". Es ist denkbar, dass Aufrufe wie "Tötet die Buren, tötet die Farmer", wie auch immer sie gemeint sein mögen, einen Exodus südafrikanischer Farmer aus dem Sektor, wenn nicht sogar aus dem Land, fördern werden, was die Ernährungssicherheit Südafrikas extrem gefährden würde.
Im Jahr 2011 beschrieb The Guardian, wie die Abwanderung der weißen Farmer Südafrikas nach Norden an den Großen Treck erinnerte. Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung waren 70 südafrikanische Farmer in Kongo-Brazzaville und 800 in Mosambik tätig. Unter anderem suchten Sambia, der Sudan und Libyen nach südafrikanischen Farmern. Anfang 2023 berichtete The Economist, dass "weiße südafrikanische Farmer in Mississippi erfolgreich sind".
So scheint das Angebot Trumps, den Opfern von Landraub die Umsiedlung in die USA anzubieten, nicht unbegründet zu sein.